Zur Bildergalerie der Restaurierung hier
Bericht von Orgelbauer Josef Maier aus Hergensweiler bei Lindau
Im Jahr 2021 durfte ich das Orgelwerk in der Wallfahrtskirche Maria Dürrnberg restaurieren.
Die Instandsetzung der Zinnpfeifen aus historischem Bestand im Hauptwerk inkl. des Zinnprospektes von 1832 hat im Jahr 2015 mein österreichischer Kollege Walter Vonbank als separaten Auftrag ausgeführt. Nach Abschluss der Arbeiten konnte man umso deutlicher die technischen Probleme erkennen, die vor allem an der Windversorgung zu verorten waren.
Sehr schmerzlich war auch sichtbar, wie fremdartig und unpassend die Erneuerungen von 1969 waren, die den neuen Spieltisch und die neue Pedalwindlade betrafen.
Ein großer Restaurierungsansatz konnte gefunden werden, als Teile der Mauracher-Orgel von Saalfelden durch den dortigen Neubau des Orgelwerkes abgängig waren. Bemerkenswert ist hierbei der Umstand, dass es Teile des Orgelneubaus vom Nachfolgeinstrument jenes Orgelwerkes sind, das eben 1859 von Saalfelden auf den Dürrnberg verkauft wurde. Saalfelden erhielt ein etwas größeres Werk. J. Nepomuk Mauracher hat im Jahr 1860 beide Spieltische und auch die neuen Windladen beider Werke angefertigt.
Also standen im Jahr 2020 zwei Pedalladen mit vier Registern samt Tonumfangserweiterung und das Innenleben eines Spieltisches ohne Gehäuse aus der Originalwerkstätte des Erbauungsjahres zur Verfügung. Die similare Bauweise sowohl von Registern wie Tonmechanik war mehr als ein Zufall, hat aber nach Abklärung die Restaurierung möglich erscheinen lassen.
Wünsche und Möglichkeiten einer Pedalbesetzung mit vier Registern waren nun gegeben, ebenso die Restaurierung des Spieltisches mit dem Bau eines neuen Gehäuses dazu. Die Erweiterung des Tonumfangs im Pedal von 18 auf 27 Tönen wurde verwirklicht und in den Erweiterungstönen im erhaltenen Spieltisch übernommen. Ebenso wurde die Pedalerweiterungslade von Oettl/Salzburg aus Saalfelden übernommen.
Durch das Vorziehen des Orgelgehäuses um ca. 30 cm konnte Platz gewonnen werden. Im Wesentlichen wurde dadurch ein Stimm- und Servicezugang zwischen Hauptwerk und Pedal geschaffen. Die Anbringung von verschließbaren Pfaffengittertüren soll den Zutritt ins Orgelwerk für Unbefugte verhindern.
Die Pedalregister Subbass 16‘ und Octavbass 8‘, beide Register aus Holz und in offener Bauweise, wurden dem Tonumfang entsprechend adäquat verlängert. Neu gebaut wurden die Register Quintbass 51/3‘ (Holz) und Bombardon 16‘ (Zungenregister mit Holzstiefel und Zinnbecher).
Die Registerbesetzung des Positivmanuals ist ebenso interessant wie wechselhaft. Die Grundstimmen Gedeckt 8‘ und Flöte 4‘ sind durchgängig in Holz gebaut. Auffällig sind beim 8‘-Gedeckt die Ergänzungspfeifen, die auf eine kurze Oktave hinweisen. Das verwendete Eichenholz und die Bauweise zeigen eine Zweitverwendung schon im Dom.
Die 1969 eingebauten Register Principal 2‘ und Zimbel wurden entfernt. Aus vorhandenen gekürzten Pfeifen konnte das Register Dolce von Mooser rekonstruiert werden, das nun als Salicional 8‘ ab A in Zinn erklingt (original von c0 bis fis1). Die Octav 2‘ wurde von Saalfelden übernommen. Die Pfeifen mussten angelängt werden und spielen als einziges originales Register, neben dem Prospektregister von J. N. Mauracher in ihrem Werk. Die sehr elegante, stark ansteigende Mensur changiert vom Streicher zur Doublette.
Im Hauptmanual, hinter dem 8‘-Zinnprospekt, der seinerzeit mit dem Gehäuse erworben wurde, wurde nichts verändert. Die 1905 neu gebaute Streicherstimme Gamba 8‘ wurde von uns als solche intoniert, nachdem sie zwischenzeitlich zum Salicional verändert und so bezeichnet wurde.
Die neue Windanlage mit jeweils einem Faltenbalg im Unterbau der Orgel auf der rechten und linken Seite, ist das Herzstück der Restaurierung. Die Windeinspeisung erfolgt durch zwei Orgelgebläse, wobei eines das Hauptwerk versorgt, das andere Pedalwerk und Positiv. Der zwischenzeitlich eingebaute Windladenbalg zum Positiv wurde belassen und mit neuer Ventilsteuerung ausgestattet. Die neuen, weitläufigen Windkanäle aus Fichtenholz versorgen nun sicher und stilgerecht das Werk ohne Mangel.
Die Schleifendichtungen in den Windladen wurden mit „Schmid-Ringen“ ausgestattet, was Bedienungssicherheit und Stimmhaltung gewährleistet.
Die ganz große Herausforderung bei der Restaurierung der Orgel am Dürrnberg war, die vorhandenen Abgänge des historischen Spieltisches mit der geringen Durchgangshöhe des Sitzpodestes unter einen Hut zu bekommen. Die horizontale Tontraktur des Positivs kreuzt dabei strahlenförmig über die untere Lage der Registertraktur.
Die Inbetriebnahme der Manualkoppel I mit Wiedereinbau der entfernten Registerwellen war insofern eine Herausforderung, als die Teilung vom Spieltisch heute nicht mehr die gleiche ist, wie ursprünglich mit dem 18-Töne-Pedal.
Eine Ein- und Abschaltung über den mittlerweile etablierten Pedalkoppelzug I musste erfunden und auf beengtem Raum eingebaut werden. Dass es letztlich möglich wurde, Teile aus zwei verschiedenen Orgeln so zu verbauen, zeugt von der Kontinuität des Erbauers und der Zwillingsverwandtschaft der Instrumente von Johann Nepomuk Mauracher.
Die große Recherche zum Bau der Orgel und vor allem zum Weg des Pfeifenmaterials von der Pfeilerorgel im Dom zu Salzburg und den Verquickungen mit Saalfelden offenbaren eine fast unglaubliche Geschichte, die vom Vorsitzenden der Orgelkommission im Kirchenmusikreferat Salzburg, Herrn Dr. Philipp Pelster mehr und mehr erforscht wurde und veröffentlicht wird. Die Anstöße zur Wiederverwendung der Teile aus Saalfelden kamen ebenfalls von ihm. Besonders erwähnenswert sind seine konstruktive Begleitung der gesamten Restaurierungsarbeiten sowie die Abstimmung mit den staatlichen Stellen im Denkmalamt.
Disposition - Zusammenstellung der Register:
Manual C – f3
1) Bordun 16‘ ab co
2) Principal 8‘ Prospekt ab D
3) Hohlflöte 8‘
4) Gamba 8‘
5) Oktav 4‘
6) Flöte 4‘
7) Quint 22/3‘
8) Mixtur 3-4f. 2’
Manualkoppel
Manual II Positiv C – f3
9) Gedact 8‘
10) Salicional 8‘
11) Flöte 4‘
12) Octav 2’ aus Saalfelden
Pedal C – f‘
13) Subbaß 16‘
14) Oktavbaß 8’
15) Quintbaß 51/3’ neu
16) Bombardon 16’ neu
Pedalkoppel I
Pedalkoppel II
Am Ende mein großer Dank an die Pfarrgemeinde und meine Gastgeber bei der Unterbringung, die Familie Bräunlinger, für einen unvergessenen Sommer am Dürrnberg, nahe meiner Geburtsheimat Berchtesgaden.
Josef Maier im Dezember 2021
Rupertusplatz 4
5422 Bad Dürrnberg
06245 - 85194
Kanzleizeit: Do. 15-17 Uhr
Do. 29.08. & 05.09. geschlossen
Sonn- und Feiertag
8:30 Hl. Messe